Mitarbeitermotivation

Mitarbeitermotivation – ein ewiges Thema, immer umstritten. Schon immer galt die Mitarbeitermotivation als Voraussetzung für hohe Leistung, ein Populärmythos, den man endlich durch praktische Alternativen ersetzen sollte. Raus aus der Sackgasse!

Was ist Motivation?

Motivation heißt „Ich will!“. Es ist der Zustand aktivierter Verhaltensbereitschaft, die Kraft, etwas zu wollen. Wenn dieses „etwas“ unbestimmt ist, spricht man von allgemeiner Motivation, wenn es sich auf etwas Bestimmtes bezieht, von spezifischer Motivation. Die Anthropologie spricht bei der allgemeinen Motivation von zwei angeborenen Aktionspotenzialen des Menschen. Die (1) Funktionslust umgreift die drei Schritte „Planen / Machen / Ergebnis sehen“. Fehlt einer dieser Schritte, bleibt die Funktionslust unbefriedigt. Die (2) Neugieraktivität will erproben, gestalten, etwas als spannend erleben.  Werden diese Aktionspotenziale nicht gefordert, resultiert daraus aggressive Langeweile. Grundsätzlich aber gilt: Jeder Mensch ist motiviert.

Die spezifische Motivation bezieht auf ein bestimmtes Wollen. Dann hat ein Mensch ein Bedürfnis, das sich mit einer Erwartung zu einem Motiv verbindet, was wiederum Handeln auslöst. Wie genau das Motiv eines Menschen aussieht, etwas zu tun oder zu lassen, lässt sich weniger über Aussagen erschließen, sondern über Handlungen (Motivation finden). Diese spezifische Motivation (Arbeitsmotivation) bezieht sich auf ein bestimmtes Gebiet, eine konkrete Aufgabe. Dann ist der Mitarbeiter motiviert. Seine Motivation kommt „von innen“, er ist selbstgesteuert. In der Literatur findet sich dafür häufig der Begriff der „intrinsischen“ Motivation.

Was ist Motivieren?

Motivieren hat etwa diesen Bedeutungsumfang: 1. Jemanden mit Motiven ausstatten, die dieser vorher nicht hatte. 2. Jemanden an seinen Motiven "abholen" und Möglichkeiten zu ihrer Realisierung bieten. 3. Verhaltensweisen mit subjektiver Bedeutung / Wichtigkeit aufladen. 4. Begeisterung entfachen. 5. Anreizen.

Die Mitarbeiter-Motivation soll durch gezielte Eingriffe der Führung zielbezogen gelenkt werden und wird häufig mit dem Wunsch „Mitarbeitermotivation steigern!“ verbunden. Das geschieht mit Anreizen, die die Botschaft senden: „Tue dies, dann bekommst Du das!“. Verbreitet sind auch Motivationsseminare. Dann wird der Mitarbeiter motiviert. Seine Motivation kommt „von außen“, ist fremdgesteuert. In der Literatur findet sich dafür häufig der Begriff der „extrinsischen“ Motivation.

Der fundamentale Fehler der Mitarbeitermotivierung

Menschen sind zwar beeinflussbar, aber sie sind nicht steuerbar. Denn jeder Anreiz steht ihnen zur Wahl und es wird internal entschieden, ob ein entsprechendes Angebot von außen reizvoll ist. Insofern wird auch jeder von außen kommende Versuch, Motivation zu steigern, im Innern eines Menschen gleichsam „übersetzt“ und auf Attraktivität geprüft. Kurzum: Im strengen Sinne gibt es keine extrinsische Motivation! Nur Motivierungsversuche, die manchmal und kurzfristig wirken (“Strohfeuermotivation“). Aber niemals dauerhaft Motivation erzeugen.

Warum ist das so? Weil jeder Versuch, Mitarbeiter zu motivieren, an der menschlichen Freiheit scheitert. Man macht die Mitarbeiter zur Reiz-Reaktions-Maschinen. Die manipulative Absicht wird immer mitkommuniziert und unterläuft das eigentliche Wollen des Individuums. Weil das System der Motivierung methodisiertes Misstrauen ist, das Spät- und Nebenfolgen hat, die die angestrebten Effekte gegenlagern.

Wissenschaftlich gut gestützt ist die negative Beziehung von äußeren Anreizen und dauerhaft motivierter Leistung: Anreize zerstören langfristig den Eigenantrieb. Die Arbeitsmoral sinkt langsam ab. Es liegt auf der Hand, dass nur um den Preis permanenter Neu-Motivierung motiviert werden kann. Eine Prämie z.B. schafft kurzfristige Identifikation. Aber bisher hat keine einzige Studie weltweit eine dauerhafte Leistungsverbesserung durch Prämiensysteme nachweisen können. Die Belohnung, vielleicht einmal unerwartet und als verdienter Dank ehrlich gewährt, wandelt sich, schaut zeitlich nach vorne und avanciert zur Bestechung: Jede Prämie wird zur Rente. Sie beinhaltet die Verheißung, bei ähnlichen Taten wieder und wieder ... wenn Mitarbeiter eine erwartete Prämie nicht erhalten, fühlen sie sich bestraft.

„Tue dies, dann bekommst Du das“ konzentriert die Menschen auf „das“ statt auf „dies“. Und so hat die Verhaltensbiologie einleuchtend dargetan, dass sich der Mensch schnell an ein immer höheres Reizniveau gewöhnt, er also bald ohne „Zusatz“-Reiz eine unteroptimale Leistungsbereitschaft zeigt: „Ohne Extra-Cash läuft hier gar nichts!“ Die Schraube muss endlos weitergedreht werden, um die gleiche Leistung zu erzielen. Mitarbeiter werden so früher oder später zu nörgelnden Dauerpatienten am Belohnungs-Tropf. Diese Krankheit nennt sich „Belohnungs-Sucht“. Die Wissenschaft nennt dieses Phänomen auch „Verdrängungs-Effekt“ oder „moral hazard“: Belohnungen zerstören den Sinn und die Freude an der Sache selbst und ersetzen ihn durch Bindung an die Belohnung. Der Prozess des Arbeitens, aber mehr noch die Wertigkeit der geleisteten Arbeit werden gleichsam „übersprungen“ mit Blick auf die winkende Belohnung.  Motiviert also Belohnung? Absolut! Belohnung motiviert Belohnung zu bekommen.

Kollegen zu Gegnern

Wenn die Arbeitsmotivation durch extrinsische Anreize angestachelt werden soll, dann lautet die Frage nicht mehr: "Was muss ich tun, um mit meiner Arbeit den größten Nutzen zu stiften?", sondern "Was muss ich tun, um die größtmögliche Belohnung zu erhalten?" Dann haben Unternehmen und Mitarbeiter gute Gründe, sich wechselseitig zu misstrauen. Verdacht wird zur Unternehmenskultur: Jede Seite glaubt, die andere Seite nutze Informationsvorsprünge aus und manipuliere die Belohnungsschemata zum eigenen Vorteil.

Die zur Motivierung in vielen Unternehmen eingesetzten Wettbewerbe um Boni, Prämien und Incentives werfen zudem große Gerechtigkeitsprobleme auf. Sie belasten mithin das Kooperationsklima zwischen den Mitarbeitern. Kollegen werden zu Gegnern, weil die Konkurrenz untereinander betont wird. Wenn man Kooperation fordert, jedoch individuelle Ergebnisse belohnt, dann bleibt für die angestrebte Team-Orientierung im Unternehmen oft nur ein schiefes Lächeln. Was ist gewonnen, wenn ein Verteidiger im Fussball 98 % seiner Zweikämpfe gewinnt, die Mannschaft aber 0:3 verliert? Nimmt man hinzu, dass bei Belohnungen qualitative, komplexe und langfristig angelegte Aufgaben gemieden werden, so wird deutlich: Die Motivierung ist die Krankheit, für deren Heilung sie sich hält.

Der richtige Umgang mit der Mitarbeitermotivation

Zwar kann man einen Menschen nicht langfristig von außen motivieren, etwas zu tun, was er freiwillig nicht tun will. Man kann ihn aber sehr wohl und nachhaltig demotivieren. Leistungsbereitschaft kann man nur zerstören. Damit ist Führen vor allem das Vermeiden von Demotivation. Man muss also aufmerksam sein für die vielen de-motivierenden Faktoren, die die Leistungs-Bereitschaft des Mitarbeiters behindern. ...und sich selbst dabei nicht ausnehmen! Das Problem ist nicht die mangelnde Motivation der Mitarbeiter, sondern das vielfach de-motivierende Verhalten der Führungskräfte: zwanghafte Ordnungsliebe, Genauigkeitsfanatismus und Kleinkrämerei. Überzogene, lautstarke und auf persönliche Eigenschaften bezogene Kritik. Es sind die vielen kleinen verbalen und non-verbalen Gesten des Nicht-Beachtens, Überhörens und leise Geringschätzens, die niederdrücken. Es gibt keinen unternehmensrelevanten Faktor, der so stark demotiviert, wie die soziale Inkompetenz der unmittelbaren Führungskraft. Damit ist die Beziehung zum direkten Vorgesetzten die Achillesferse der Motivation.

Wie kann man Motivation am Arbeitsplatz erhalten?

Jeder Mensch ist ein einzigartiges Individuum, das jeweils dort seinen stärksten Antrieb hat, wo seine Persönlichkeitsmerkmale besonders individuell ausgeprägt sind. Dieses Selbstkonzept umfasst Prägungen, Werthaltungen, Sensibilitäten, besondere Fähigkeiten, Interessen, Zukunftsideen. Menschen verhalten sich so, dass ihr Selbstkonzept erhalten bleibt oder gestärkt wird. Das ist dann der Fall, wenn z.B. Arbeit als persönlichkeitsförderlich erlebt wird. Und genau dort liegt ihre stärkste Motivation. Ein Motivations-Training, das das herauszufinden versucht (und nicht lediglich antreiben will), kann immense Leistungsreserven erschließen.

Die richtige Person am richtigen Platz: Anerkennen wir den Zusammenhang von Fähigkeit und ausgeübter Tätigkeit in ihrer Bedeutung für den Arbeitserfolg, dann ist die Passung von Individuum und Aufgabe entscheidend. So ist auch der stärkste extrinsische Motivationsfaktor erlebbar: das Gefühl gebraucht zu werden. Die Gewissheit: „Es kommt auf mich an!“

Sorgen Sie zudem für ein Bezahlungssystem, dass jede Form der extrinsischen Motivation vermeidet.

Detaillierte Vorschläge und Praxisbeispiele dazu finden Sie in:

Reinhard K. Sprenger, Mythos Motivation – Wege aus der Sackgasse, Campus- Verlag

 

Häufig gestellte Fragen (FAQ):

In Trainings zur Motivation werden u.a. folgende Fragen behandelt und vertieft:

Was ist Motivation?

Motivation ist aktivierte Leistungsbereitschaft. Sie wird unterschieden in intrinsische, von innen kommende Motivation und extrinsische, von außen kommende Motivation.

Was bewirkt Motivation?

Motivation bewirkt den Wunsch, etwas Bestimmtes zu erreichen. Sie ergänzt sich mit der Leistungs-Fähigkeit und der Leistungs-Möglichkeit zur Voraussetzung für Erfolg.

Wie motiviere ich meine Mitarbeiter?

Gar nicht. Stellen Sie sich vor Ihre Mitarbeiter und sagen Sie ihnen: „Ich bin nicht dafür da, Sie zu motivieren. Was wäre erniedrigend für Sie und funktioniert auch nicht. Vielleicht helfen Sie mir zu verstehen, was Sie demotiviert. Das könnte uns weiterbringen.“

Warum ist es wichtig, motiviert zu sein?

Motiviert sind wir, wenn wir unser Handeln als sinnvoll erleben. Wenn es unserem Leben Inhalt und Richtung gibt. Dieses individuelle Sinnerleben sollten wir nicht durch vorgesetzten Sinnersatz wie Boni, Lob oder betriebsinterne Konkurrenz zerstören lassen.

Wie kann man Mitarbeiter intrinsisch motivieren?

Man kann einen Rahmen schaffen, in dem ein Mitarbeiter sein Handeln als sinnvoll und erfüllend erlebt. Es geht darum, Person und Aufgabe zur „Passung“ zur bringen. Zudem ist das Wissen motivierend, gebraucht zu werden und einen substanziellen Beitrag zu leisten. Von der Führung sind Freundlichkeit und Aufmerksamkeit zu fordern, grundsätzlich und beständig. Sie äußert sich durch verbale und nonverbale Zugewandtheit, durch wirkliches Interesse am Mitarbeiter; durch partnerschaftliche Art des alltäglichen Kontakts.