Gemeinsame Furcht verbindet

Gemeinsame Furcht verbindet

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Die nicht endenden Corona-Hilfen ruinieren schleichend die Managementkultur im Land. Denn zu viel Sicherheit macht die Menschen träge.

Was macht eine gesunde Kooperation aus? Positiv gewendet: Es muss der Wunsch vorhanden sein, einen Weg als „gemeinsamen“ Weg zu gehen. Negativ gewendet: Es muss das Ende des gemeinsamen Weges gefürchtet werden. Nur dann wird Verantwortung übernommen. Wenn das Ende des gemeinsamen Weges nicht gefürchtet wird, ist er nichts wert. Was aber, wenn der gemeinsame Weg nicht zu beenden ist oder nur zu einem hohen Preis? Dann gibt es kein Motiv, sich für dessen Erhalt einzusetzen. Dann beginnt mit dem Schützen und Unterstützen jenes Kurieren an Symptomen, das die Probleme langfristig nur vertieft, die es zu beheben vorgibt.

Deshalb pervertieren sich alle Kooperationsverhältnisse, die nicht zu beenden sind. Das zeigt der Öffentliche Dienst, wo die grundsätzliche Unmöglichkeit der „Dienst“-Beendigung in weiten Teilen zu resigniertem „Ab-Leben“ führt. Das kann man sich beim weitreichende Kündigungsschutz der „freien“ Wirtschaft ansehen, der Klarheit und Konsequenz verhindert und hinter dessen hohen Wällen weniger Menschen eingestellt werden, als eigentlich möglich wäre. Auch die unlimitierte sozialen Fördersystemen verdeutlichen: Es ist nicht mehr notwendig, nach einem Job zu suchen, wenn staatliche Hilfen so weit gehen, dass Menschen sich unter Ausnutzung aller Sozialsysteme plus ein wenig Schwarzarbeit ein Leben finanzieren können, das für einen Niedrigverdiener unerreichbar ist. Aktuell lässt sich das Phänomen bei jenen Zombie-Firmen anschauen, die von den gewaltigen Summen erzeugt werden, mit denen der Staat die Corona-Folgen abzufedern versucht. Zur Illustration: Die Insolvenzen lagen in Deutschland zwischen März und Juli zehn Prozent unter Vorjahresniveau, in der Schweiz gar 21 Prozent – trotz massiven Konjunktureinbruchs!

Die staatliche Verhinderung von Pleiten sklerosiert die Wirtschaft. Und schafft Anreize, die viele Tugenden der guten Unternehmensführung ins Gegenteil verkehren. Sie lädt leitende Manager ein, ihren Schuldendienst durch frisches Steuergeld zu leisten, an falschen Geschäftsmodellen und schwachen Produkten festzuhalten und überhöhte Risiken einzugehen. Innovationen lohnen sich nicht mehr. Deshalb gibt es von allem, was subventioniert wird, hinterher mehr: mehr Armut, mehr notleidende Unternehmen, mehr Verantwortungslosigkeit. Erst wenn uns schon in wenigen Jahren die parasitäre Zombie-Wirtschaft um die Ohren fliegt, werden wir wie selbstverständlich die Lebenslehren der Leistung und Gegenleistung wieder einführen. Wir werden uns daran erinnern, dass das Risiko vitalisiert. Dass es lebensklug ist, die Dinge vom Ende her zu denken. So wie das Geheimnis jeder lebendigen Ehe das Bewusstsein ihres Bedroht-Seins ist. Der nahende Abschied wirkt wie ein Vergrößerungsglas – es würdigt die Bindung.

 

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