Freundlichkeit zahlt sich aus

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Welche Eigenschaft zeichnet eine gute Führungskraft aus? Unzählige Male wurde diese Frage gestellt. Auch mir. Meine Antwort hat seit jeher Schwierigkeiten mit dem Adjektiv „gut“ (ich bevorzuge „erfolgreich“). Außerdem ist der Unterschied zwischen „Führung“ und „Management“ zu beachten (Führung ist Haltung, Management ist Handwerk). Wenn ich jedoch den Kern der Führung als Menschenführung herausschäle, wenn es darum geht, Herz und Hand anderer zu erreichen, dann ist es genau eine Eigenschaft, die fundamental und unersetzlich ist: Freundlichkeit! Der britische Essayist John Cowper Powys hat die Freundlichkeit sogar weit über die Liebe gestellt und zur alleinigen ethischen Forderung erkoren. Zur alleinigen!

Freundlichkeit – das mag manchen überraschen. Weitverbreitet ist die Auffassung, dass nur ausgefahrene Ellenbogen es nach oben schaffen. Nettsein und Chefsein gehe nicht zusammen, man dürfe im Unternehmen zwar Kollegen haben, aber keine Freunde. Die Forschung sagt etwas anderes: Wer wenig Güte zeigt, wer nicht großzügig ist, wer grundsätzlich misstraut, der verbaut sich den Aufstieg. Menschen mit zynischen Ansichten bringen es nicht sehr weit. Das gilt länderübergreifend.

Nun, können wir Freundlichkeit operativer formulieren? Setzen Sie das schlichte Wort „Freundlichkeit“, das jeder versteht und gar nichts Wundersames an sich hat, an die Stelle der „Kommunikation“! Dann werden Sie sich mitfreuen mit dem Erfolg des anderen, dies auch körpersprachlich zeigen, eine wohlwollende Beachtung. Sie werden Gespräche flechten - großzügig in der Zustimmung, zurückhaltend im Widerspruch, eine Form aktiver Gastfreundschaft. Eine Gastfreundschaft, die sich gefällt in unbedingter Zuwendung, grundsätzlich und gegenüber jedem Menschen - egal, ob das Ihr Aufsichtsratsvorsitzender ist oder die Servicedame in der Betriebskantine (was ich bei der Personalauswahl besonders intensiv beobachte). Auch in kritischen Augenblicken, auch bei der Konfrontation von Minderleistung. Unbedingte Aufmerksamkeit, die sich gefällt im Entfalten von Liebenswürdigkeit - die klug ist, nicht moralisch, weil ihr durch Herzlichkeit zufliegt, was sich andere durch die Verbreitung von Furcht und Schrecken mühsam holen müssen. Was auch für Sie selbst in einem egoistischen Sinne klug ist, weil es die Freude am eigenen Leben verstärkt. So wie es ein guter Gastgeber tut.

Das alles heißt nicht, dass Freundlichkeit eine Garantie für Erfolg ist. Unfreundlichen, technokratischen Führungskräfte aus der Abteilung Sozialallergie ist der Erfolg jedoch ebenso wenig garantiert. Der Unterschied liegt im Sympathiewert. Das bringt uns in die Situation, zu entscheiden, wie wir leben wollen. Nicht wie wir leben können. Wir können uns entscheiden, Freundlichkeit zu anderen Menschen zu entwickeln - wenn auch aus keinem anderen Grunde als aus dem, dass auch wir von anderen Menschen freundlich behandelt werden wollen, ohne dazu die Geistesmode der „emotionalen Intelligenz“ zu bemühen. Eine warme, natürliche und entspannte Atmosphäre des Zwischenmenschlichen reicht da völlig. Man kann sich, schlicht gesagt, entschliessen, andere Menschen freundlich zu behandeln. Und in diesem Entschluss wird etwas entschlossen, was vorher verschlossen war … Das kann vieles sein, suchen Sie sich etwas aus!

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